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Ausgabe Oktober 2019

Fachartikel

 

Rockerkriminalität


Aktuelle Entwicklungen im Rockermilieu
Von Prof. Dr. Britta Bannenberg und Ralf Schmidt
 

Clankriminalität

Muslimische Streitschlichter – Die neuen Richter ohne Gesetz?
Von Hülya Duran
 

Radikalisierung

De-/Radikalisierung in deutschen Justizvollzugsanstalten: Radikalität erkennen
Von Gabriela Piontkowski, Prof. Dr. Arthur Hartmann, Sarah Holland und Dr. iur Trygve Ben Holland
 

Phänomenologie

Kriminalistische Standardversion des fremden Vergewaltigers
Dr. jur. Alex Uhlig und Prof. Dr. Dr. Ingo Wirth
 

Gewaltkriminalität

DyRiAS-Intimpartner
Validität und Reliabilität eines Instruments zur Risikoeinschätzung tödlicher Gewalt an der Intimpartnerin
Von Mirko Allwinn und Beatrice Wypych
 

Tagungsbericht

Der Einfluss der Großmächte auf die Sicherheit kleiner Staaten
Bericht über die 10. Internationale Wissenschaftskonferenz der Republik von Nord Mazedonien vom 23.–25. Juni 2019 in Ohrid
Von Thomas Straub und Vasil Arminoski
 

Kriminalistik-Österreich

Forensische Bildgebung im Strafverfahren
Bedarf und Nutzen in Österreich
Von Mag. iur. Michael Pfeifer, DI Johannes Höller, PD Dr. med. Thorsten Schwark, DI Dr. techn. Alexander Bornik und Mag. a Dr.in iur. Reingard Riener-Hofer
 

Kriminalistik-Schweiz

Obskurantismus als Gegenspieler zur kriminalistischen Aufklärung
Von Prof. Dr. phil. Henriette Haas
 

 

Kriminalistik-Campus

Polizei 2020
Standardisierung der Informationsarchitektur im föderalen System als kriminalistische Notwendigkeit
Von Matthias Emmerich

Der KOK-Schwerpunktbildungsprozess: Grundlegende Neuausrichtung der OK-Bekämpfung in Deutschland?
Von Gorden Schröder

 

Recht aktuell

 

Polizeiliche Kennzeichnungspflicht durch Tragen eines Namensschildes II

 

Anforderungen an die Rücktrittsleistung beim beendeten Versuch eines Alleintäters

 

Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels durch Betrieb einer ungenehmigten Spielhalle

 

Geschlechtsverkehr mit schlafender 14-Jähriger
 

 

Literatur

 

Faktenreich, spannend und authentisch
Ghadban, Ralph: Arabische Clans – Die unterschätzte Gefahr

 


 

 




 

 

Fachartikel

 

Aktuelle Entwicklungen im Rockermilieu
Von Britta Bannenberg und Ralf Schmidt
Rocker und rockerähnliche Gruppierungen expandieren und sind zunehmend im öffentlichen Raum wahrnehmbar, wobei vor allem Shisha-Bars, Wettbüros, Sportbars und Spielhallen eine Rolle spielen. Rotlichtmilieus werden nicht nur von den „Old-school“-Rockern (OMCG) dominiert, sondern auch von neuen Gruppen und Clans, die vor allem von Migranten geprägt werden. In den Selbstdarstellungen im Internet findet man erstaunlich offene Protzerei und unverhohlene Gewaltbefürwortung. Von der Affinität vieler Jugendlicher zu Gangsta-Rappern versuchen alle Seiten zu profitieren. Ermittlungsbehörden und Kommunen müssen sich diesen Problemen mit vernetzten Gegenstrategien stellen.

Muslimische Streitschlichter – Die neuen Richter ohne Gesetz?
Von Hülya Duran
Im Mai dieses Jahres hat das Innenministerium NRW erstmals das „Lagebild Clankriminalität“ vorgestellt. Mehr als 14 200 Straftaten sollen in den vergangenen zwei Jahren von ca. 104 Großfamilien begangen worden sein. Sei es Raub, Nötigung, Körperverletzung – mit jeglicher Form von Kriminalität werden die arabischen Clans in Verbindung gebracht. Die Strafen fallen jedoch meist milde aus. So wurde vor kurzem der Sohn eines „Clan-Bosses“ vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Dass die Strafen so milde ausfallen ist den sog. Friedensrichtern geschuldet. Die Schlichtung ist eine Rechtstradition in islamischen Ländern, die 3000 Jahre zurück geht und bis heute überlebt hat. Sie ist auch in Deutschland angekommen: eine Paralleljustiz inmitten eines demokratischen Rechtsstaates. Fraglich ist, wer diese Friedensrichter sind und woher sie die Macht haben, Verbrechen „einfach“ in Hinterhöfen zu regeln. Interessant dabei ist auch die Beachtung der Religion und die innergesellschaftlich- familiären Werte und Normen.

De-/Radikalisierung in deutschen Justizvollzugsanstalten: Radikalität erkennen
Von Gabriela Piontkowski, Arthur Hartmann, Sarah Holland und Trygve Ben Holland
Die Bundesländer Berlin, Bremen und Hessen haben Konzepte zur Erkennung und zum Umgang mit (vermeintlich) radikalisierten und radikalisierenden Gefangenen entwickelt. Diese wurden im Rahmen eines Projektes des Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPoS), Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen in Interviews mit Sachverständigen mit Erfahrungen aus der Praxis abgeglichen. Es zeigt sich ein uneinheitliches Bild des (Erfolges des) Umgangs mit faktischen und antizipierten Gefahren.


Kriminalistische Standardversion des fremden Vergewaltigers
Von Axel Uhlig und Ingo Wirth
Das kriminalpolizeiliche Problem im untersuchten Deliktbereich der Vergewaltigung durch einen fremden Täter besteht darin, dass bei fehlender Täter-Opfer-Beziehung, meist nicht vorhandenen Tatzeugen und einem Mangel an materiellen Täterspuren von vornherein wenig Ermittlungsansätze für einen zu überprüfenden Verdächtigenkreis existieren. Zusätzlich werden im Einzelfall, der zudem häufig im Versuch stecken bleibt, meist gleichförmige Tatbegehungsweisen erkennbar, die wiederum für die Ableitung möglichst heterogener, individualisierbarer Tätermerkmale wenig nützen. Die weitgehende Abwesenheit eines spezifischen Täterverhaltens (Waffeneinsatz, überlegte Methoden der Überwältigung und Kontrolle des Opfers, raffinierte Identitätsverschleierungen, explizite sexuelle Handlungen, psychische Verhaltensauffälligkeiten) erschwert die Tätersuche enorm. Zur Auflösung dieses Ermittlungsdilemmas wurde im Ergebnis der zugrunde liegenden empirischen Studie aus der Grundgesamtheit der fremden Vergewaltiger eine kriminalistische Standardversion über diesen Tätertyp herausgearbeitet.

DyRiAS-Intimpartner
Validität und Reliabilität eines Instruments zur Risikoeinschätzung tödlicher Gewalt an der Intimpartnerin
Von Mirko Allwinn und Beatrice Wypych
Zunächst wird ein Überblick über bisherigen Studien zu DyRiAS (Dynamische Risiko Analyse Systeme) gegeben. Zudem werden Vorteile aus Nutzersicht und die Validität von DyRiAS mittels ROC-Analyse dargestellt. Schließlich wird in der vorliegenden Studie die Interrater-Reliabilität des Risikoanalyseinstruments DyRiAS-Intimpartner überprüft. DyRiASIntimpartner stellt ein reliables und valides Risikoanalyseinstrument in Bezug auf tödliche Gewalttaten gegen die Intimpartnerin durch den aktuellen oder früheren Partner dar. Der mittlere Reliabilitätskoeffizient entspricht einem Wert von 0,76 (SD = 0,18). Die Reliabilität der Roten-Flaggen-Faktoren, Faktoren die als besonders stark mit schwerer Gewalt assoziiert sind, liegt im Mittel bei 0,86 (SD = 0,14). Die Übereinstimmung der finalen Risikoeinschätzung beträgt 0,83. DyRiAS kann daher zur Unterstützung von Helferinstanzen, die mit der Aufgabe betraut sind, das potentielle Risiko einer schweren Gewalttat gegen die (ehemalige) Intimpartnerin einzuschätzen, herangezogen werden.

Der Einfluss der Großmächte auf die Sicherheit kleiner Staaten
Bericht über die 10. Internationale Wissenschaftskonferenz der Republik von Nord Mazedonien vom 23.–25. Juni 2019 in Ohrid
Von Thomas Straub und Vasil Arminoski
Bereits zum 10. Mal veranstaltete die Fakultät für Sicherheit – Skopje von der Universität „St. Kliment Ohridski“ Bitola mit freundlicher Unterstützung der Hanns Seidel Stiftung sowie der Kammer für Private Sicherheit der Republik von Nord Mazedonien eine interdisziplinäre Sicherheitskonferenz mit Beteiligung unterschiedlichster Akteure. Während bereits innerhalb der Fakultät sowohl polizeipraktische, kriminalistische, kriminologische sowie privatsicherheitsrelevante Professoren tätig sind, spiegelte sich diese interdisziplinäre Ausrichtung auch in der Konferenz sowie deren vielfältigen Beiträgen wieder. Neben den rund 50 Beiträgen der nahezu 100 Autoren, nahmen etwa 80 Personen aus vier Kontinenten sowie 15 unterschiedlichen Nationen an der zweitägigen Konferenz teil.

Forensische Bildgebung im Strafverfahren
Bedarf und Nutzen in Österreich
Von Michael Pfeifer, Johannes Höller, Thorsten Schwark, Alexander Bornik und Reingard Riener-Hofer
Sprichwörtlich besagt ein Bild mehr als tausend Worte. Doch wie verhält es sich mit der Beweiskraft von bildgebenden Materialien im Rahmen der Strafverfolgung? Welche Möglichkeiten bietet die forensische Bildgebung, welches diesbezügliche forensische Angebot ist seitens der Justiz erwünscht? Wo besteht Verbesserungsbedarf? Der vorliegende Beitrag des interdisziplinären „Ludwig Boltzmann Instituts für Klinisch-Forensische Bildgebung“ (LBI CFI) in Graz1 – Teil der „Ludwig Boltzmann Gesellschaft“ (LBG) – widmet sich diesen Fragestellungen im Kontext des generellen Bestrebens, sowohl Verletzungsdokumentationen als auch die Spurensicherung in Fällen überlebter körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch den Einsatz bildgebender Verfahren zu verbessern.

Obskurantismus als Gegenspieler zur kriminalistischen Aufklärung
Von Henriette Haas
Obskurantistisch ist eine Argumentation dann, wenn sie unbelegbare oder faktenwidrige Behauptungen plausibel erscheinen lässt und Aufklärung zu behindern sucht. Parteien, die ihren Standpunkt vor Gericht schlecht belegen können, geben oft trotzdem nicht auf. Um nicht mit leeren Händen dazustehen, generieren sie Beweis-Illusionen mit wenig validen Argumenten – oft als Medienkampagne orchestriert. Dreistes Lügen wollen gut ausgebildete und situierte Leute jedoch wegen des Gesichtsverlusts beim Ertapptwerden vermeiden. Wie deckt man Beweis-Illusionen auf und wie vermeidet man, dass die eigene kriminalistische Analyse in ihrer Beweiskraft zu wenig in die Tiefe geht? Einem Thema wird hier besonderen Raum gegeben: Kausalität und Intentionen. Beweis-Illusionen zeichnen sich durch ihren fehlenden Kausalbezug zur Gesamtheit der Materialien aus. Nachfolgend zeige ich Ansatzpunkte für die Kritik an verstiegenen Geisteskonstruktionen auf.




  


 

 

 

Kriminalistik Campus

 

Redaktion: Thomas Schulte, Kriminaldirektor, Leiter Fachgebiet III.3 (Phänomenbezogene Kriminalstrategie), Deutsche Hochschule der Polizei, Münster

Die vorliegende Ausgabe der Kriminalistik beinhaltet zwei Hausarbeiten des Masterstudiengangs „Öffentliche Verwaltung – Polizeimanagement“ an der Deutschen Hochschule der Polizei. Die Hausarbeiten wurden als Prüfungsleistung im Modul „Kriminalität – Phänomen, Intervention und Prävention“ im Frühjahr 2019 gefertigt. Beide Arbeiten befassen sich mit aktuell bundesweit relevanten strategischen Prozessen. Dabei handelt es sich zum einen um das insbesondere polizeiintern, aber auch medial stark beleuchtete Thema „Polizei 2020“, also die Umsetzung einer bundesweit vereinheitlichten und zentralisierten IT-Strategie. Zum anderen handelt es sich um das Thema „KOK-Schwerpunktsetzungsprozess“ und damit einem Prozess, der es erstmals strukturiert ermöglicht, in Deutschland ganzheitlich strategisch abgestimmt mit dem Thema Organisierte Kriminalität umzugehen.

Matthias Emmerich befasst sich mit dem Thema Polizei 2020. Dabei beschreibt er zunächst die bestehende IT-Struktur, welche sich aufgrund des föderalen Systems in Deutschland sehr heterogen entwickelt hat und dadurch zu einem lt. Herrn Emerich, anhand des Beispiels NSU dargestellt, „Zuständigkeitsdschungel“ in Deutschland führt. Er beschreibt dann die Ziele des Programms („Die richtigen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort“), aber auch die bestehenden großen Herausforderungen, welche sich gerade aus der föderalen Struktur und der damit verbundenen „Fragmentierung polizeilicher Arbeit“ ergeben. Im Weiteren geht er auf datenschutzrechtliche Aspekte sowie auf die maßgeblichen Handlungsfelder des Programms ein, um die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Umsetzung in einem Fazit deutlich zu betonen.

Gorden Schröder befasst sich mit dem „KOK-Schwerpunktbildungsprozess“ und damit mit einem relativ neuen Instrument der bundesweiten Zusammenarbeit, welches im Jahr 2015 von der Kommission Organisierte Kriminalität entwickelt und gestartet wurde, um eine gemeinsame strategisch/ operative Basis für Strategien und Projekte zu haben und dadurch die oben thematisierten Probleme wie „Zuständigkeitsdschungel“ und „Fragmentierung polizeilicher Arbeit“ im Föderalismus zumindest teilweise zu lösen. Dabei beschreibt er die Struktur und den Ablauf des Prozesses in sehr gut nachvollziehbarer Form und diskutiert insbesondere den damit verbundenen Wechsel zu einer Verstärkung des Intelligence Led Policing-Ansatzes sowie einer verstärkten Kooperation auf Bund-/Länderebene.

Somit bieten beide Arbeiten sehr gut dargestellte und gut verständliche Darstellungen zu aktuellen Bestrebungen, erkannte Probleme des föderalen Systems für die polizeiliche Zusammenarbeit in zwei relevanten Bereichen nachhaltig zu verringern.

Thomas Schulte, Kriminaldirektor im Hochschuldienst
 

Polizei 2020
Standardisierung der Informationsarchitektur im föderalen System als kriminalistische Notwendigkeit
Von Matthias Emmerich, POK, 11. Masterstudiengang, Studiengruppe 2, DHPol Münster

Der KOK-Schwerpunktbildungsprozess: Grundlegende Neuausrichtung der OK-Bekämpfung in Deutschland?
Von Gorden Schröder, Studiengang Öffentliche Verwaltung, DHPol Münster
 

 

 

  


 

 

 

Recht aktuell

 

Polizeiliche Kennzeichnungspflicht durch Tragen eines Namensschildes II

1. Die gesetzliche Verpflichtung von Polizeibeamten, im Dienst ein Namensschild zu tragen, greift in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
2. Es kann offenbleiben, ob die Pflicht zur pseudonymen Kennzeichnung mit einem Dienstnummernschild und einer taktischen Kennzeichnung ebenfalls in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift. Ein Eingriff wäre jedenfalls aus den gleichen Gründen verfassungsrechtlich gerechtfertigt wie die Pflicht zur namentlichen Kennzeichnung.

LVerfG LSA, Urt. v. 7.5.2019
LVG 4/18
jv

 

Anforderungen an die Rücktrittsleistung beim beendeten Versuch eines Alleintäters

1. Für den Rücktritt beim beendeten Versuch des Alleintäters gem. § 24 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. StGB muss das auf Vereitelung der Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung ursächlich sein. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob dem Versuchstäter noch „bessere“ Möglichkeiten der Vollendungsverhinderung zur Verfügung gestanden hätten.
2. Verschleierungsbemühungen, bei denen die Verhinderung der Tatvollendung ein Bestandteil dieser Anstrengung ist, schließen einen Rücktritt grundsätzlich nicht aus.

BGH, Beschl. v. 26.2.2019
4 StR 514/18
bb


Unerlaubte Veranstaltung eines Glückspiels durch Betrieb einer ungenehmigten Spielhalle
1. Der objektive Tatbestand des § 284 StGB – unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels – ist bereits erfüllt, wenn ein Spielhallenbetreiber nach dem 1.7.2017 eine Spielhalle ohne die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis betreibt.
2. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „ohne behördliche Erlaubnis“ in § 284 StGB ist eine rein formelle Betrachtungsweise geboten. Maßgeblich für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ist mithin allein, ob formal eine wirksame Erlaubnis zur Veranstaltung eines Glücksspiels vorlag. Es ist strafrechtlich irrelevant, ob dem Spielhallenbetreiber eine vorläufige glücksspielrechtliche Erlaubnis hätte erteilt werden müssen.

OLG Celle, Beschl. v. 16.1.2019
2 Ws 485/18
jv


Geschlechtsverkehr mit schlafender 14-Jähriger
Die Qualifikation des § 177 Abs. 7 Nr. 3 StGB setzt u. a. voraus, dass der Täter das Opfer durch die sexuelle Einflussnahme in die (konkrete) Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. Auf den Eintritt eines solchen Gefahrenerfolges muss sich der Vorsatz des Täters beziehen.
Eine Zwangslage i. S. d. § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt das Vorliegen einer persönlichen oder wirtschaftlichen Bedrängnis des Opfers voraus. Es kommen hierfür lediglich gravierende bedrängende Umstände in Betracht, denen in charakteristischer Weise die Gefahr anhaftet, dass sich der Jugendliche sexuellen Übergriffen nicht oder nicht ohne Weiteres widersetzen kann.

BGH, Beschl. v. 7.2.2019
1 StR 11/19
bb
 

 

 

  


 

 


Literatur

 

Faktenreich, spannend und authentisch
Ghadban, Ralph, Arabische Clans – Die unterschätzte Gefahr, Econ-Verlag/Ullstein Buchverlage Berlin, 4. Auflage 2019, 304 S., 18 Euro

Die von arabischen Clans ausgehenden Bedrohungen haben endlich auch die Politik erreicht und zum Handeln gezwungen. Zu dreist und übermächtig agieren die Großfamilien in Strukturen der Organisierten Kriminalität und schotten sich in einer geschlossenen Subkultur mit eigenen Gesetzen ab. Mittlerweile sind sie so stark, dass sie zum offenen Angriff auf den Staat und seine Organe übergehen. Seit über 20 Jahren kennen Ermittlungsbehörden diese Gefahren. Ihre Warnungen blieben leider weitgehend ungehört.
Lagefortschreibungen der hauptsächlich betroffenen Bundesländer und des BKA bilden die Grundlage für entsprechende Bekämpfungskonzepte. Eine faktenreiche Situationsbeschreibung der besonderen Art gelingt dem Migrationsforscher und Islamwissenschaftler Dr. Ralph Ghadban. Der promovierte Politikwissenschaftler wurde 1949 im Libanon geboren und lebt seit 1972 in Deutschland. Authentisch wird seine Analyse auch durch die persönlichen Kontakte zu vielen Clanmitgliedern, die er als Sozialarbeiter, ehemaliger Leiter einer Beratungsstelle für Araber in Berlin und als Anstaltsbeirat der JVA Tegel hatte. Seine öffentlichen Warnungen vor der unterschätzenden Gefahr wurden zu einer Bedrohung seines eigenen Lebens.
Zum grundlegenden Verständnis geht der Autor zunächst auf die arabisch-islamische Familien- und Stammesstruktur ein und das Aufeinandertreffen von Clan, Religion und Patriarchat auf den Individualismus in Europa. Besonders detailreich und spannend wird die Migration der Mhallami in den Libanon, ihre dortige Ghettoisierung, Integration und Einbürgerung, sowie die Weiterreise nach Deutschland mit neuer Identität beschrieben. Einen breiten Raum nimmt die Beschreibung des Schlupfloches in der Mauer und das „Durchwinken“ über die DDR in den Westen ein, ein wenig bekannter deutsch-deutscher Aspekt vor der Wiedervereinigung. Die Flucht vor dem Bürgerkrieg im Libanon hatte zu einer Flüchtlingswelle von Mhallami, Palästinensern und Libanesen geführt, die vor allem die Berliner Behörden vor erhebliche Probleme stellte. Der Autor sieht diese Phase einer Ausgrenzung Mitte der 1980er Jahre als Mitursache für die Entstehung und Verbreitung von Kriminalität sowie den Weg in die Abschottung und zur Parallelgesellschaft. Speziell befasst er sich mit dem islamischen Zentrum, der Rolle der Imame, Zwangsehen, Konvertiten, der Gegengesellschaft des Salafismus und des Terrorismus.
Ghadban analysiert im weiteren konkrete Kriminalitätsfelder wie OK, Diebstahl, Gewaltdelikte, Prostitution, Rauschgifthandel und Geldwäsche sowie das Verhältnis der Clans zum Rechtsstaat. Schließlich unterbreitet er Lösungsvorschläge zur Bekämpfung der Clankriminalität. Hier zeigt er auf, dass es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, die nicht nur die Polizei und Justiz betrifft. Im Schlusswort resümiert der Autor: „Die islamische Parallelgesellschaften und die kriminellen Clans spalten unsere Gesellschaft und bedrohen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung...Das Vakuum verdanken wir der Multikulti-Ideologie, sie stellt die größte Bedrohung unserer Rechtsordnung dar und untergräbt systematisch unser Wertesystem...“
Der Autor weiß, worüber er schreibt! Er berichtet aus seinem vielfältigen persönlichen und beruflichen Erfahrungsschatz und nicht zuletzt aus eigener wissenschaftlicher Forschung. Sachlich und fundiert demaskiert er die political correctness als Hauptgrund für das Unterlassen notwendigen Handelns. Ein grandioses und spannendes Buch, Pflichtlektüre für Experten und Interessierte, die mitreden wollen, gleichermaßen!
 

Bernd Fuchs
Chefredakteur Kriminalistik

 


Verlag C.F. Müller

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