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Adalbert und Kunigunde

Editorial der Ausgabe August/September 2021

Verehrte Leserinnen und Leser,

wer heute noch im Telefonbuch zu finden ist und dazu anhand der Vornamen vermuten lässt, dass er der älteren Generation angehört, kann sicher sein, sich früher oder später auf den Listen krimineller Callcenter wiederzufinden. Gewarnt wird vor Anrufern, die sich als Mitarbeiter von Microsoft, Stadtverwaltungen, Kranken- und Rentenversicherungen, Beratungsstellen, Verbraucherzentralen oder aber als Polizisten ausgeben. Die Trickbetrüger erschleichen sich rhetorisch geschickt das Vertrauen von Menschen und setzen sie gezielt unter Druck. Während sogenannte „Schockanrufe“ und der „Enkeltrick“ seit vielen Jahren bekannte Kriminalitätsphänomene sind, gewinnen die „Anrufe von angeblichen Polizeibeamten“ zunehmend an Bedeutung. Auch die Verschleierung der angezeigten Rufnummern mittels Call-ID-Spoofings stellt ebenso erhöhte Anforderungen an die Ermittlungsbehörden wie das arbeitsteilige Vorgehen. Die Anrufer (Keiler) sitzen in Callcentern im Ausland. Von dort aus organisieren auch die „Logistiker“ den Einsatz der „Abholer“ vor Ort. Sie müssen bei der Abholung der Beute zwangsläufig Kontakt mit den Opfern aufnehmen, ein Schwachpunkt für die Täter und oftmals die einzige Chance für die Polizei, zumindest der „kleinen Fische“ habhaft zu werden. Die Polizei reagiert mit Spezialisierung und Organisationsanpassungen, wie es Andres Wißner am Beispiel des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main aufzeigt. Zwei noch rüstige Senioren, Adalbert und Kunigunde, wenden auf meine Empfehlung ein probates Mittel an, das die Zahl solcher Anrufe deutlich zurückgehen ließ: den Einsatz der Trillerpfeife. Neben den Staaten, die vorzugsweise als Standorte für kriminelle Callcenter gewählt werden, ist auch viel über die Täter und ihre Strukturen bekannt. Leider wird dieses Thema zu gerne in den Medien tabuisiert, so dass Hintergrundinteressierten nur der Zuhörerbereich öffentlicher Gerichtsverhandlungen bleibt.

Die aktuellen und zukünftigen Bedrohungen des Rechtsextremismus und -terrorismus analysiert Prof. Dr. Stefan Goertz, und „Musik und Matte“ stehen begrifflich für das subkulturelle rechtsextremistische Spektrum, dem sich Dr. Christian Herrmann widmet. Auf der Klaviatur der identitärer Ideologien spielen nicht nur Rechts- und Linksextremisten, sondern auch islamistische Gruppierungen wirken zunehmend als neue Gesellschaftsspalter und Polarisierungsverstärker, wie Erdogan Karakaya und Temel Ücüncü aufzeigen. Politisch verkündete Pläne und Konzepte, z.B. in Berlin zur Rückgewinnung(!) von Stadtteilen, bedürfen zur Umsetzung auch ausreichend Personal. Ansonsten versanden „Null Toleranz und 1000 Nadelstiche“, wie Jörg Lehnert eindringlich mahnt.

Die zunehmende Bedeutung Künstlicher Intelligenz (KI) auch für die Ermittlungsarbeit ist Gegenstand einer Bachelor-Thesis, die stark gekürzt wiedergegeben wird. Alexander Gebhard und Roland Hoheisel-Gruler fassen den aktuellen Stand der gesetzlichen Regelungen des kriminalpolizeilichen V-Mann-Einsatzes zusammen. Dr. Silvia Staubli und Dr. Daniel Fink gehen der Frage nach, wie sich die Aufgaben der Polizei in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Sie beschreiben neue Aktionsfelder, neue Kooperationsformen und neue Herausforderungen. Spannende Zukunftsfragen, auch weit über die Schweiz hinaus!

Ihr
Bernd Fuchs
Chefredakteur

 


Verlag C.F. Müller

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