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Ausgabe November 2021

November 2021

Fachartikel

Erstintervention

Der Erste Angriff als erfolgskritischer Faktor für den Ermittlungserfolg bei Anschlägen
Die schutz- und kriminalpolizeiliche Erstintervention bei Anschlägen und ihre Auswirkungen auf die kriminalistische Sachverhaltsaufklärung
Von Prof. Sandra Schmidt und Prof. Christian Matzdorf

 

Phänomenologie

Suicide by Cop
Abmilderung des defizitären Forschungsstandes mittels Durchführung einer erneuten Studie
Von Dr. iur. Helen Behn und Aike Thomas
Anmerkungen (PDF-Download)

 

Rechtsextremismus

Rechtsextreme Radikalisierung auf Online-Gaming-Plattformen
Forschungsstand und Fallstudien
Von Dr. Daniel Köhler, Verena Fiebig und Irina Jugl

 

Extremismus

Die extremistischen Verdachtsfälle des Bundesamtes für Verfassungsschutz
Von Dr. Christian Herrmann

 

Kriminalprävention

Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen
Methodische Bezugspunkte für die polizeiliche Prävention
Von Prof. Dr. Melanie Wegel und Rainer Frisch

 

Künstliche Intelligenz

Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bereich der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr
Von Dr. Stefan Els

 

Strafrecht

Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln
Änderungen des Strafgesetzbuches (StGB)
Von Dr. Manfred Reuter

 

Korruption

Korruption in osteuropäischen Staatsanwaltschaften und ihre Implikationen für Rechtshilfe- und Wirtschaftsstrafverfahren
Von Dr. Fabian Teichmann

 

Kriminalistik-Campus

Die Gefahr der Ideen
Führen neurechte Mimikry und Ideologieverbreitung zur Erhöhung des rechtsextremen Risikopotentials?
Von Simon Ramm

Geheimdienstliche Agententätigkeit
Ein Straftatbestand als Relikt vergangener Jahre?
Von Tom Erning und Prof. Dr. Sigmund P. Martin

V-Mann-Einsatz: Betreten einer Wohnung als Eingriff in Art. 13 GG?
Anmerkung zu Gebhard/Hoheisel-Gruler, Gesetzliche Regelung des kriminalpolizeilichen V-Mann-Einsatzes, Kriminalistik 2021
Von Dr. Johannes Unterreitmeier

Sex on Demand
Prostitution geht online, Menschenhandel und Ausbeutung auch?
Von Gustav Teschner

 

 

Recht aktuell

Zur Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums

Verwendung von Bodycam – Aufnahmen in einem Strafverfahren

 

Literatur

Eine sehr gute Investition
Münchener Kommentar Strafgesetzbuch Bände 3 und 4

 

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Fachartikel

Der Erste Angriff als erfolgskritischer Faktor für den Ermittlungserfolg bei Anschlägen
Die schutz- und kriminalpolizeiliche Erstintervention bei Anschlägen und ihre Auswirkungen auf die kriminalistische Sachverhaltsaufklärung
Von Sandra Schmidt und Christian Matzdorf
Im März 2018 setzte der Deutsche Bundestag einen Untersuchungsausschuss (UA) zum Anschlag am 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin ein. Unter anderem motivierten Unplausibilitäten zwischen der ausgewerteten Spurenlage und der Tathergangsversion zum Szenario des Anschlages die Mitglieder des UA dazu, Gutachten zum Thema „Spurenlage Breitscheidplatz-Attentat“ einzuholen. Mit der Perspektiverweiterung auf die polizeiliche Erstinterventionsphase und ihre möglichen Auswirkungen auf die spätere Ermittlungsarbeit konnten die Autoren, in ihrem Gutachten Erklärungsansätze für die Entstehung nicht schlüssiger Aspekte aufgezeigt.

Suicide by Cop
Abmilderung des defizitären Forschungsstandes mittels Durchführung einer erneuten Studie
Von Helen Behn und Aike Thomas
Suicide by Cop (SbC) gilt trotz des wissenschaftlichen Elements aus der Psychologie, der Suizidalität, als Kriminalitätsphänomen, da es im Kontext der Einsatzgeschehen üblicherweise zu verschiedenen Straftaten – unabhängig von etwaigen Rechtfertigungsgründen – kommt. Das Thema hat, vor allem in Deutschland, eine tendenziell geringe Beachtung erfahren. Mit der Pilotstudie, der Dokumentenanalyse, in der neben Prävalenzraten u. a. personen- und situationsbezogenen Faktoren analysiert wurden, wurde die Forschungslücke geschlossen. Eine weitere, eine opferorientierte, Studie, die nachfolgend vorgestellt wird, hat das Stadium der Planung verlassen. Ebenso erfährt das Thema Suicide by Cop eine aktuelle kriminologische Betrachtung.
Anmerkungen (PDF-Download)

Rechtsextreme Radikalisierung auf Online-Gaming-Plattformen
Forschungsstand und Fallstudien
Von Daniel Köhler, Verena Fiebig und Irina Jugl
Dieser Beitrag gibt einen Überblick zum Forschungsstand im Hinblick auf die Nutzung von Videospielplattformen und der sogenannten „Gaming-Szene“ durch extremistische und terroristische Akteure. Dieser befindet sich in großen Teilen noch am Anfang und geht selten über die reine Beschreibung extremistischer Inhalte in bestimmten Videospielen hinaus. Insbesondere die Nutzung als „soziales Medium“ und die enge Verknüpfung mit offline Lebenswelten werden zu selten betrachtet. Des Weiteren werden rechtsextreme Radikalisierungs- und Rekrutierungsprozesse bei Minderjährigen im Videospielkontext anhand von zwei Ermittlungsverfahren aus Baden-Württemberg beleuchtet. Hier zeigt sich, dass mehr zielgerichtete Auswertung und ganzheitliche Betrachtungen notwendig sind. Minderjährige bekommen schnell direkten Kontakt zu offen auftretenden Rechtsextremisten, was ggf. zu einem gegenseitigen Austausch und sehr schnellen Radikalisierungsprozessen führen kann.

Die extremistischen Verdachtsfälle des Bundesamtes für Verfassungsschutz
Von Christian Herrmann
Abseits der bekannten Kategorie einer extremistischen Bestrebung besteht noch eine häufig wenig beachtete „Graukategorie“, die sogenannten extremistischen Verdachtsfälle. Dies sollen Gegenstand des folgenden Aufsatzes sein: Nach einer Definition und einer kurzen kritischen Würdigung und demokratietheoretischen Gesichtspunkten werden die aktuell fünf extremistischen Verdachtsfälle vorgestellt: Es handelt sich dabei um das mutmaßlich linksextremistische Online-Portal „indymedia“, die mutmaßlich rechtsextremistische Vereinigungen beziehungsweise Unternehmen Uniter Network Compact GmbH und Ein Prozent und das „Institut für Staatspolitik“ sowie, als Besonderheit, die mutmaßlich rechtsextremistische Jugendorganisation der Partei Alternative für Deutschland“.

Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen
Methodische Bezugspunkte für die polizeiliche Prävention
Von Melanie Wegel und Rainer Frisch
Polizeiliche Prävention ist einem ständigen Wandel ausgesetzt. Sie orientiert sich an aktuellen Themen, die vor allem im Bereich der digitalen Medien den schnellen Entwurf von neuen Präventionskonzepten fordern. Die Akteure in der polizeilichen Präventionsarbeit müssen somit nicht nur das Wissen um neue Jugendphänomene ständig aktualisieren, sondern auch die Didaktik und die Methoden der Präventionsarbeit weiterentwickeln und anpassen, damit diese bei Kindern und Jugendlichen wirksam sind. Im Folgenden wird daher auf Methoden in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingegangen, die notwendig sind, um die Effekte von Prävention zu verstärken.

Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bereich der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr
Von Stefan Els
Künstliche Intelligenz (KI) hat sein Potential in Bereichen der Bildauswertung und des autonomen Fahrens unter Beweis gestellt. So ist es nicht verwunderlich, wenn das Potential automatischer Entscheidungsfindung auch im Bereich der Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung und der Forensik ausgelotet wird. Der Umgang mit Algorithmen, lernenden Maschinen in Verbindung mit personenbezogenen Daten stellt die Protagonisten des Datenschutzes vor völlig neue Herausforderungen, die bis an die Grenzen des geltenden Rechts heranreichen. Politik, Entwickler, die Aufsichtsbehörden und die Nutzer erkennen, dass sie nur durch wirksame Zusammenarbeit unsere Freiheitsrechte bewahren können. Der Umgang mit automatischen Entscheidungen ist fehleranfällig. Es ist nicht der offensichtliche Missbrauch, den es wie immer zu verhindern gilt, es ist die zeitweise unbemerkte Fehleinschätzung, die Schaden anrichten kann.

Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln
Änderungen des Strafgesetzbuches (StGB)
Von Manfred Reuter
Am 30.5.2019 ist die „Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln“ in Kraft getreten. Ziel dieser Richtlinie ist die Stärkung des strafrechtlichen Schutzes des unbaren Zahlungsverkehrs. Sie ist bis zum 31.5.2021 in nationales Recht umzusetzen. Das geltende deutsche Recht entspricht zwar bereits in weiten Teilen dieser Richtlinie, bedarf jedoch noch einiger gesetzgeberischer Anpassungen. Diese betreffen insbesondere Änderungen bei der Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln gem. § 152 a StGB und dem Computerbetrug gem. § 263 a StGB. Daneben wird mit dem § 152 c StGB ein neuer Straftatbestand geschaffen, der die Vorbereitung des Diebstahls oder der Unterschlagung von Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumenten betrifft.
In diesem Aufsatz sollen die rechtlichen Änderungen durch das Gesetz aufgezeigt und inhaltlich beschrieben werden. Der Fokus liegt dabei auf den Änderungen im StGB. Für die neu eingeführten Tatbestandsmerkmale werden ggf. anhand der Drucksachen zum Gesetz erste Arbeitsdefinitionen angeboten.

Korruption in osteuropäischen Staatsanwaltschaften und ihre Implikationen für Rechtshilfe- und Wirtschaftsstrafverfahren
Von Fabian Teichmann
Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, wie sich die Korruption in osteuropäischen Staatsanwaltschaften auf Rechtshilfe- und Wirtschaftsstrafverfahren im deutschsprachigen Raum auswirkt. Insbesondere wird dargelegt, welche Rolle die Korruption in der Ausbildung und Rekrutierung von Staatsanwälten spielt. Zudem wird ausgeführt, weshalb Staatsanwälte häufig auf Bestechungsgelder angewiesen sind, um im Amt zu bleiben und wie dies zu einer Adverse Selection führt. Anschliessend wird erläutert, wie die Erhebung von Bestechungsgeldern zur Beeinflussung von Strafverfahren führt und welche Implikationen sich daraus für Rechtshilfe- und Wirtschaftsstrafverfahren im deutschsprachigen Raum ergeben.

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Kriminalistik Campus

Redaktion:
Prof. Dr. Sigmund P. Martin, LL.M. (Yale), Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Kriminalpolizei, Wiesbaden

Die Gefahr der Ideen
Führen neurechte Mimikry und Ideologieverbreitung zur Erhöhung des rechtsextremen Risikopotentials?
Von Simon Ramm, Kriminalkommissar beim Bundeskriminalamt

Geheimdienstliche Agententätigkeit
Ein Straftatbestand als Relikt vergangener Jahre?
Von Tom Erning, Kriminalkommissar beim Bundeskriminalamt und Prof. Dr. Sigmund P. Martin, Hochschule des Bundes

V-Mann-Einsatz: Betreten einer Wohnung als Eingriff in Art. 13 GG?
Anmerkung zu Gebhard/Hoheisel-Gruler, Gesetzliche Regelung des kriminalpolizeilichen V-Mann-Einsatzes, Kriminalistik 2021, 515−519
Von Johannes Unterreitmeier

Sex on Demand
Prostitution geht online, Menschenhandel und Ausbeutung auch?
Von Gustav Teschner, Kriminalkommissar beim Bundeskriminalamt

 

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Recht aktuell

Zur Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums
1. Ein Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens und unter Einsatz aller seiner Erkenntniskräfte und sittlichen Wertvorstellungen die Einsicht in das Unrechtmäßige nicht zu gewinnen vermochte. Verbleiben Zweifel, ob das Verhalten verboten ist, besteht eine Erkundigungspflicht.
2. Geschäftlich Tätige haben sich vor Aufnahme der Tätigkeit über die in ihrem spezifischen Geschäftsfeld geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften zu informieren und auch wegen zwischenzeitlicher Änderungen der Rechtslage stets auf dem Laufenden zu halten.
3. Diese Erkundigungspflichten enthalten auch eine „Pflicht zur Aktualisierung“ im Hinblick auf strafrechtlich relevante Rechtsänderungen und beziehen sich damit auf diejenigen Tatbestände des Kernstrafrechts, deren Schutzgüter nach allgemeiner Lebenserfahrung durch die spezifische Berufsausübung in besonderer Weise gefährdet werden können.
4. Sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft müssen aus Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sachund Rechtslage erteilt worden ist. Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf.
5. Eine behördliche Duldung kann gegebenenfalls im Rahmen der Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums zu berücksichtigen sein.
6. Ein Verstoß gegen die Erkundigungspflicht führt nicht per se zu einer Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die Erkundigung zur Behebung des Irrtums geführt hätte.

BGH, Urt. v. 18.11.2020
2 StR 246/20
jv

 

Verwendung von Bodycam-Aufnahmen in einem Strafverfahren
1. Nach § 44 Abs. 6 PolG BW muss die Rechtmäßigkeit der präventivpolizeilichen Maßnahme, also der Einsatz des technischen Mittels Bodycam, richterlich festgestellt werden. Ansonsten ist jedwede Zweckumwidmung und weitere Verarbeitung nicht zulässig. Das gilt insbesondere für die Verwendung zur Strafverfolgung
2. Das Gericht ist unmittelbar und uneingeschränkt auf Grundlage von Art. 13 Abs. 5 GG verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach den Vorschriften des PolG BW vollumfänglich zu überprüfen, wobei die Prüfung bereits das dem Einsatz des technischen Mittels vorangehende Betreten der Wohnung erfasst.
3. Wird die Maßnahme dem Betroffenen nicht offen angekündigt, betrifft das einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Maßnahme und stellt andererseits die tatsächliche Geeignetheit des Einsatzes des technischen Mittels in Zweifel.
4. Strafbare Beleidigungen rechtfertigen nicht den Einsatz des technischen Mittels Bodycam in einer Wohnung.
5. Es ist zweifelhaft, ob und unter welchem Voraussetzungen die allgemeine Vorschrift des § 163 StPO die notwendige Grundlage für die sachliche Überführung der Aufnahmen in ein Ermittlungsverfahren und weitere Verarbeitung sein kann.
(Nichtamtl. Leitsätze)

AG Reutlingen, Beschl. v. 18.8.2021
5 UR II 7/21
jv

 

 

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Literatur

Eine sehr gute Investition
Münchener Kommentar Strafgesetzbuch Band 3 (§§ 80−184k), 4. Aufl. 2021, 1855 Seiten, geb., 349 Euro, Band 4 (§§ 185−262), 4. Aufl. 2021, 2237 S., geb. 359 Euro, jeweils C. H. Beck Verlag, München

Gleich zwei Bände der Kommentarreihe sind aktualisiert und auf den Stand Dezember 2020 gebracht worden. Darüber hinaus werden – soweit erforderlich – Hinweise auf Gesetzentwürfe und eventuelle künftige Regelungen gegeben (s. z. B. Bd. 3, § 184 b Rn. 10; Bd. 4, § 217 Rn. 52 ff.).
Wohl für alle Lehrenden, Studierenden (soweit sie Strafrechtsvorlesungen besuchen) und jede Praktikerin bzw. jeden Praktiker im Bereich der Strafrechtspflege dürfte der „Münchner“ ein Begriff sein. Die Erläuterungen beschränken sich nicht „nur“ auf dogmatische Fragen; es wird auch die kriminalpolitische Relevanz der Normen in den Blick genommen und kritisch beleuchtet (s. z. B. Bd. 3, § 184 b Rn. 6; Bd. 4, § 232 Rn. 8). Darüber hinaus vertiefen Ausführungen zur Historie einer Norm das Verständnis der Vorschriften und ihre aktuelle Bedeutung. Die Abschnitte „Prozessuales“ erweitern den Blick auf spezifisch verfahrensrechtliche Probleme der jeweiligen Norm. Zum Tatbestand der Nachstellung beispielsweise finden sich nützliche Hinweise auf die sog. Deeskalationshaft (Bd. 4, § 238 Rn. 64).
Eine ins Einzelne gehende inhaltliche Würdigung der beiden umfangreichen Werke verbietet sich schon aus Platzgründen. Stichproben zu verschiedenen, insbesondere neuen Normen belegen aber, dass die Lektüre immer lohnend ist. Besonders erfreulich ist, dass sich die Autoren nicht scheuen, Schwachpunkte einer Norm mit deutlichen Worten offen zu legen. Zur Vorschrift über den „Widerstand gegen oder den tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen“ wird beispielsweise angemerkt, der Gesetzgeber habe „in völliger Unkenntnis der Gesetzessystematik § 115 Abs. 3 „als Erfolgsdelikt ausgestaltet“ (Bd. 3, § 115 Rn. 12).
Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal lassen die beiden Kommentarbände keine Wünsche offen. Ihre praktische Handhabbarkeit ist trotz des erheblichen Umfanges ausgezeichnet. Die Darstellung ist nach einem einheitlichen und eingängigen Schema strukturiert: Auf den Gesetzestext folgt (vielfach) eine „Übersicht, in der auf die Randnummern Bezug genommen wird. Es schließen sich Ausführungen zum jeweiligen „Normzweck“ und die kommentierenden „Erläuterungen“ an. Die sorgfältigen und detaillierten Sachverzeichnisse gewährleisten einen schnellen Zugriff auf das gesuchte Stichwort bzw. Problem. Rechtsprechung und Literatur wurden in reichem Maße ausgewertet, wobei die Nachweise sinnvollerweise in die Fußnoten verbannt sind, sodass der Lesefluss nicht beeinträchtigt wird.
Fazit: Auch die aktualisierten Bände der Kommentarreihe sind erwartungsgemäß gedankenreiche Werke mit einer Stofffülle, die ihresgleichen sucht. Der „Münchener“ sollte zur Pflichtausstattung von Hochschul-, Behörden- und Gerichtsbibliotheken und Anwaltskanzleien gehören, die mit strafrechtlichen Fragestellungen befasst sind. Da das materielle Strafrecht Auswirkungen auch das Ordnungs- und Polizeirecht, das Disziplinarrecht sowie das strafrechtliche Ermittlungsverfahren hat, ist die Anschaffung der Kommentarbände auch unter diesem Aspekt eine sehr gute Investition.

Prof. Dr. Barbara Blum, Bielefeld


Verlag C.F. Müller

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