Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
Migration, Clankriminalität und interkulturelle verwobene Themen von großer gesellschaftlicher sowie sicherheitspolitischer Bedeutung und stellen einen Schwerpunkt dieser Ausgabe dar. Dabei werden Versäumnisse und daraus resultierende Folgen ebenso betrachtet wie angemessene Handlungsalternativen.
Lauber geht in seinem Beitrag auf migrationsrechtlich begründete Ursachen der Clankriminalität ein und weist dabei eine Reihe von integrationshemmenden Faktoren aus. Seine Darstellung legen die Schwachstellen schon bei der kursorischen Betrachtung des Migrationsrecht offen und zeigen entsprechenden Handlungsbedarf auf. Duran und Zekhariafamil betrachten mit der Nigerianischen OK dagegen eine andere, subkulturell geprägte und derzeit noch wenig beachtete gleichwohl bedeutsame, Form der Organisierten Kriminalität und gehen dabei auf die Entstehung, Strukturen und die Verbreitung der Black Axe in Italien und der Schweiz ein, um sich anschließend geeigneter Bekämpfungsstrategien zuzuwenden. Auch hier wird wie auch schon im Beitrag zuvor die soziale Dimension bei der Entstehung von Kriminalität verdeutlicht.
Erfolgreiche Prävention und Repression in den genannten und weiteren Kriminalitätsbereichen, im polizeilichen Agieren generell, setzen ein Mindestmaß an interkultureller Kompetenz voraus. Mit der Frage, inwieweit dieser Aspekt Einzug in die polizeiliche Aus- und Fortbildung gehalten hat, setzte sich das von Weber vorgestellte Projekt „ZuRecht – Die Polizei in der offenen Gesellschaft“ auseinander und kommt dabei zu klaren praxisrelevanten Ergebnissen. Die Darstellung endet dementsprechend mit konkreten Handlungsempfehlungen für die polizeiliche Praxis. Ergänzt werden die Darstellungen zur Situation in Deutschland durch den Aufsatz von Molina und Ciftci, in welchem die Integration der Thematik „Interkulturelle Kompetenz“ in die Aus- und Fortbildung in den Niederlanden und Spanien beleuchtet wird und Hinweise für eine Stärkung der interkulturellen Kompetenz in Deutschland erarbeitet werden.
Die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen in Form des finalen Rettungsschusses stellt die handelnden Personen vor enorme Herausforderungen wie auch Belastungen und bedarf einer rechtsdogmatisch einwandfreien gesetzlichen Einbettung. Die diesbezügliche Entwicklung des UZwG und die Frage, ob dieses den aktuellen Anforderungen noch genügt, nehmen Reichelt und Colussi in ihrem Beitrag in den Blick und zeigen Regelungslücken für den Bund auf.
Die letzten Präsidentschaftswahlen in den USA, die gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, aber zuletzt auch der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beleben Verschwörungstheorien und die Auseinandersetzung mit ihnen. Sie bergen in Verbindung mit ihrer Verbreitung über die sozialen Medien ein hohes Bedrohungspotential nicht nur für die Sicherheit. In ihrem Beitrag stellen Behrens, Janssen und Thieme Maßnahmen zur Intervention in Form von Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit zu diesem Phänomen dar und gehen dabei auf häufig konnotierte antisemitische und rechtsideologische Hintergründe ein.
Einem neuartigen Ansatz der Datenrekonstruktion – dem Carving unter Einsatz von KI – widmet sich der Beitrag von Müller, welcher das jüngst gestartete Forschungsprojekt CARVE-DL vorstellt. Er widmet sich damit einer der zentralen Problematiken der digitalen Forensik.
Kritik an der Fehlerkultur der Polizei, u. a. vor dem Hintergrund der Anwendung unmittelbaren Zwangs rechtsextremistischer Vorfälle in einzelnen Polizeiorganisationen und dem sog. Racial Profiling, haben zu einer Diskussion zur Installation von Polizeibeauftragten in Bund und Ländern geführt. Den aktuellen Stand stellt Walter in einer vergleichenden Betrachtung der Situation in den Ländern und dem Bund dar und geht dabei insbesondere auf die daran geknüpften Erwartungen ein.
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Joachim Faßbender und Sigmund Martin