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Editorial der Ausgabe August/September 2023

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Radikalisierung und Fanatismus sind leider immer noch aktuelle Phänomene. Am Anfang dieses Heftes setzen Logvinov und Böhme ihren Beitrag aus dem letzten Heft, der sich mit der Radikalisierung linker Gewalt am Beispiel der mutmaßlich kriminellen Vereinigung um Lina E. und Johann G., die vom OLG Dresden erstinstanzlich verurteilt wurden, fort. Der Beitrag befasst sich insbesondere mit möglichen Radikalisierungsfaktoren. Mit einer anderen Art von Fanatismus setzt sich Hartleb auseinander, indem er den religiös motivierten Anschlag vom 8.März 2023, der gegen eine Versammlung von Zeugen Jehovas in Hamburg gerichtet war, analysiert. Bei den Klimaprotesten stellt sich die Frage nach der Grenzziehung zwischen legitimen Protest und Extremismus. Goertz untersucht diese Grauzone.

Die Strafzumessungsregelung des § 31 BtMG wurde im Jahr als sog. „kleine Kronzeugenregelung“ geschaffen, um die Unterwanderung und Zerschlagung nationaler und internationaler Rauschgiftbanden zu ermöglichen. Schmidkonz geht der Frage nach, inwieweit die Vorschrift diesem Ziel in der Praxis gerecht wird.

Unter digitalen Zwillingen (Digital Twins) versteht man das virtuelle Abbild eines Objekts oder Systems aus der realen Welt. Diese Software-Technik ermöglicht es, Prozesse in der digitalen Welt nachzubilden und mit Hilfe weiterer Technologien zu visualisieren. Volkmann zeigt auf, welche Möglichkeiten diese Technik in der Polizeiarbeit bietet. So ermöglicht sie z. B. Aussagen von Zeugen in Echtzeit zu überprüfen, indem mithilfe eines Digital Twins ein Raumbezug zum Tatort hergestellt wird.

Ein Beschuldigter ist zwar nicht verpflichtet, in dem Strafverfahren gegen ihn selbst mitzuwirken, doch ist dies auch nicht verboten, so dass eine solche Mitwirkung den zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlichen Aufwand erheblich reduzieren kann. Vor diesem Hintergrund befasst sich Wollschläger mit der Frage, inwieweit die Mitwirkungsbereitschaft durch messbare Indikatoren beeinflusst wird, und zeigt Ansatzpunkte für die polizeiliche Praxis auf, die eine Mitwirkungsbereitschaft fördern können.

Die beiden Beiträge der Schweizer Redaktion von Teichmann zeigen Anwendungsfelder der sog. generativen künstlichen Intelligenz auf. Unter generativer künstlicher Intelligenz (KI) ist eine Art von KI zu verstehen, die verschiedene Arten von Inhalten generieren kann. Während KI-Systeme, die – wie ChatGPT oder Googles Bard – Texte generieren können, im Moment viel in der öffentlichen Diskussion sind, gibt es für diese Technik noch eine Vielzahl weiterer Anwendungsgebiete, die sowohl für Strafverfolgungsbehörden und Unternehmen, wie auch für Kriminelle nutzbar sind. Vorgestellt werden die Anwendungsfelder Bilanzbetrug und Ransomware.

Im Campus-Teil wird kritisch über Erfahrungen mit neuen Methoden der Kriminalitätsbekämpfung berichtet. Kipke untersucht, inwieweit das vom LKA Hamburg und an dessen Grundlagenarbeit anschließend von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe weiterentwickelte Berufsbild Kriminalitätsanalyse dem organisationalen Wissensmanagement nützt. Konietzko befasst sich mit Polizeilichen Bodycam-Aufnahmen als Beweismittel im Strafverfahren in Nordrhein-Westfalen.

Ihre Chefredaktion
Joachim Faßbender und Sigmund Martin


Verlag C.F. Müller

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