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Erinnern und Gedenken

Editorial der Ausgabe Oktober 2020

Verehrte Leserinnen und Leser,


in Artikel 2 Absatz 2 des Einigungsvertrags wurde 1990 der 3. Oktober als Tag der Deutschen Einheit zum Feiertag bestimmt. Das Wiedervereinigungsgebot in der bisherigen Fassung der Präambel des Grundgesetzes war rasant geschichtlich überholt und konnte ersetzt werden durch „Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.“ Deutschland war auch verfassungsrechtlich wiedervereint. Dieses historische Ereignis war durch die pragmatische Entschlossenheit und von Vertrauen getragene Entscheidung bedeutender Staatsmänner innerhalb eines Jahres ermöglicht worden. Mit einem Feiertag und einer zentralen Gedenkfeier findet dieser Wendepunkt deutscher Nachkriegsgeschichte seine jährliche Würdigung.


Mitunter kontrovers wird kollektiv und persönlich bilanziert, ob die Einheit tatsächlich vollzogen und auch gelungen ist. Viele unterscheiden auch nach 30 Jahren noch zwischen Siegern und Verlierern und für sie ist nicht „zusammengewachsen, was zusammengehört“. Wer wie ich mit feuchten und ungläubigen Augen die Szenen vom Mauerfall und der unblutigen Revolution im Fernsehen verfolgte, kann das verklärende Sehnen nach einer DDR 2.0 ebenso wenig nachvollziehen wie die penetranten Hinweise auf den faktischen Staatsbankrott und die Milliardeninvestitionen des Westens in den Osten. Allen DDR-Nostalgikern muss allein die Mauer als mahnendes Beispiel der Unfreiheit in Erinnerung bleiben, die hunderte Menschenleben gekostet hat.


Nach der Wende kam es zu einer beispiellosen, alle Bereiche umfassenden „Aufbauhilfe“ in den neuen Bundesländern. Auch bei der Polizei mussten die Strukturen neu organisiert werden. Mitunter (zunächst) wenig willkommene „Besser-Wessis“ wirkten am Aufbau einer „Polizei im demokratischen Verfassungsstaat“ mit. So waren Fortbildungsveranstaltungen an der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup für Führungskräfte aus den neuen Bundesländern überschrieben, an denen ich unterrichten durfte. Die durchaus kontroversen Diskussionen mit diesen Kollegen und den Teilnehmern der Ratslehrgänge zählten zu den prägendsten Eindrücken meiner Polizeidienstzeit, die vor 50 Jahren begann. In 44 Dienstjahren durfte ich im freien Westen den Wandel von einer stark militärisch geprägten Polizei zu einem modernen „Sicherheitsdienstleister“ aus Überzeugung mitgestalten. Umso mehr schmerzt es miterleben zu müssen, wenn sich einmal mehr kollektive Gewalt gegen die Polizei und andere „Blaulichtorganisationen“ hemmungslos entlädt. Prof. Dr. Britta Bannenberg und Ralf Schmidt sowie Prof. Dr. Dieter Hermann und Dr. Björn Weiße analysieren diese Entwicklungen und zeigen Präventionsmöglichkeiten auf.


In einem föderalen Staat kommt der Kooperation eine entscheidende Bedeutung zu, gerade und vor allem auch in der Kriminalitätsbekämpfung. Einheitliche kriminalstrategische Konzepte und Maßnahmen sowie eine enge Zusammenarbeit der Polizeibehörden sind unabdingbar. Eine der zentralen Kooperationsplattformen ist die „Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter mit dem BKA“, besser bekannt als AG Kripo, die der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, als Beispiel für gelebten Föderalismus zum 70-jährigen Bestehen würdigt. Verlag und Redaktion gratulieren zu diesem Jubiläum, insbesondere weil die Mitglieder AG Kripo nicht nur über viele Jahre als Herausgeber, sondern auch durch Waldemar Burghard und Klaus Jürgen Timm als Schriftleiter, ihre „Kriminalistik“ unterstützten und prägten.


Ihr
Bernd Fuchs
Chefredakteur


Verlag C.F. Müller

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