Editorial der Ausgabe Dezember 2021
Verehrte Leserinnen und Leser,
der Wunsch sicher zu leben gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Daher sind das Sicherheitsempfinden und die Kriminalitätsfurcht wichtige Planungsgrößen für Politik und Polizei. Selbst wenn man diese Ängste als unbegründet ansehen mag, so trägt allein der Verweis auf Forschungsergebnisse oder Kriminalstatistiken in der Regel nicht zur Reduzierung von Schutz- und Vermeidungsverhalten bei. Deshalb ist es nur folgerichtig, diese Aspekte insbesondere in der Prävention umfassend zu berücksichtigen. Der Anfang November vorgelegte „Dritte periodische Sicherheitsbericht“ wird dieser Notwendigkeit gerecht und geht umfassend auf die Entwicklung des Sicherheitsgefühls und der Kriminalfurcht ein. Auch das virtuelle Kriminalitätsgeschehen wirkt sich immer mehr auf das Sicherheitsgefühl aus. Dario Lonetti und Alexander Werner widmen sich der Kriminalitätsfurcht im Internet, prüfen die Übertragbarkeit etablierter Erklärungsansätze auf den digitalen Raum und empfehlen empirische Studien.
Das Netz bietet auch die Möglichkeit, mit geringstem Aufwand, medial und über soziale Netzwerke durch extremistische Narrative und enthemmte Sprache, tatsächliche Gewalt, bis hin zu Anschlägen, zu provozieren. Dieses Phänomen des stochastischen (zufallsabhängigen) Terrorismus analysiert Prof. Dr. Stefan Goertz. Dr. Michail Logvinov widmet sich der Extremismusprävention und sieht keinen Mangel an fruchtbaren Ansätzen, Modellen und Verfahren der Evaluation. Aber er erkennt neben defizitärer Planung und Umsetzung auch defizitäre Wissenschaft als weitere Unsicherheitsquelle im Hinblick auf Präventionsprogramme und soziale Interventionen . Kirsten Baumbusch und Günther Bubenitschek stellen fest, dass die Medienarbeit in Kriminalprävention und Opferschutz es schwer hat: Das Gute, das geleistet wird, ergibt scheinbar keine gute Story! Sie beschreiben wie Medien „ticken“ und zeigen anhand von Beispielen sich bietende Chancen auf.
Prävention und Opferschutz gehören zu den vornehmsten und wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben. Vor allem die Polizei hat sich in den letzten Jahrzehnten diesen Bereichen professionell gewidmet und die Entwicklungen vorangetrieben. Neben der Bekämpfung stand die Verhinderung von Kriminalität sowie der Einsatz für ihre Opfer immer im Mittelpunkt meines beruflichen Engagements, auch als Chefredakteur dieser Zeitschrift. Nach 13 Jahren habe ich mich entschlossen, meine Tätigkeit für die „Kriminalistik“ zu beenden und mich noch einmal neuen Herausforderungen zu stellen. Die veränderten gesellschaftlichen und redaktionellen Rahmenbedingungen erleichtern diesen Schritt. Schließlich war mir die „unabhängige Zeitschrift die kriminalistische Wissenschaft und Praxis“ ans Herz gewachsen. In 143 Ausgaben und ebenso vielen Editorials habe ich versucht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Mein besonderer Dank gilt dem Verlag, den Redaktionsmitgliedern, meinen Nachfolgern, den zahlreichen Autorinnen und Autoren und nicht zuletzt unseren geschätzten Leserinnen und Lesern. Mit den besten Wünschen letztmals
Ihr
Bernd Fuchs
Chefredakteur