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Analoge und digitale Bomben

Editorial der Ausgabe März 2021

Editorial der Ausgabe März 2021

Verehrte Leserinnen und Leser,

in diesen Tagen haben sich die Sicherheitsbehörden wieder einmal mit einem seltenen, aber regelmäßig wiederkehrenden Phänomen zu beschäftigen. Lebensmittelhersteller und -discounter erhielten gefährliche Post in Form von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV), wie sie fachmännisch genannt werden. Ein Tatverdächtiger konnte schnell ermittelt werden, die Hintergründe und seine Motivation sind noch nicht bekannt. Briefbombenattentäter handeln häufig aus terroristischen und extremistischen Motiven. In den 1990er Jahren übersandte ein Rechtsextremist Briefbomben an bekannte Persönlichkeiten in Österreich und Deutschland. Beim Öffnen erlitt der damalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk schwere Verletzungen. Auch andere exponierte Politiker erhalten immer wieder gefährliche Post: Bundeskanzlerin Angela Merkel von der anarchistischen Gruppe „Konspiration der Zellen des Feuers“, US-Präsident Barack Obama mit Rizin und Bundespräsident Joachim Gauck mit einer hochexplosiven Chemikalie. Dass jeder handwerklich Geschickte mit krimineller Energie lebensgefährliche USBV herstellen und einsetzen kann, zeigt Dr. Annette Marquardt auf. Jahrelange Erbstreitigkeiten veranlassten einen gelernten Radio- Und Fernsehtechniker zum Bau und Einsatz einer Rohrbombe und anderer Sprengfallen. Nur durch Zufall wurde niemand tödlich verletzt.

Die gegenwärtige Pandemie wird leider auf vielfältige Art und Weise missbraucht. Prof. Dr. Stefan Goertz analysiert die Gewalt deutscher Linksextremisten im Zusammenhang mit der Corona-Krise und der Gefahr eines neuen Linksterrorismus, die nicht nur die Verfassungsschutzbehörden bejahen. Auch der Cyberraum wird intensiver denn je genutzt. Besonders verwerflich sind digitale „Bomben“-Angriffe auf kritische Infrastrukturen, weil sie unmittelbar Menschenleben bedrohen. Prof. Miroslav Mareš beschreibt, wie in Covid-19-Zeiten die Sicherheit der Tschechischen Republik in Krankenhäusern und anderen wichtigen Objekten ernsthaft gefährdet wurde. Die grundsätzliche Problematik und die rechtlichen Schwierigkeiten beim Einsatz Verdeckter Ermittler im Bereich der Staatsschutzdelikte beleuchtet Arnold Keller.

Rund 10.000 Menschen nehmen sich pro Jahr in Deutschland das Leben. Schon allein zahlenmäßig bilden daher Suizide einen Schwerpunkt kriminalistischer Todesermittlungen. Dr. Sandra Hahn und Kathrin Engeldinger stellen am Beispiel einer Einzelfallrekonstruktion die Zusammenhänge zwischen Problemen am Arbeitsplatz und die daraus folgende Symbolkraft der Durchführung des Suizids und die Wahl der Örtlichkeit dar.

Mit dieser Ausgabe vollzieht sich ein Wechsel in der Redaktion Schweiz. Auf das Bundesamt für Polizei (fedpol) folgt die Schweizerische Kriminalprävention (SKP). Diese interkantonale Fachstelle ist gut vernetzt mit der Polizei und anderen Fachorganen aus Kriminologie, Kriminalistik, Polizeiausbildung und Justiz und bietet daher ideale Voraussetzungen für ein breit gefächertes Spektrum an fundierten Beiträgen. Ein herzliches Dankeschön an fedpol für die hervorragende Zusammenarbeit und ein ebenso herzliches Willkommen an das neue Redaktionsteam um Chantal Billaud wünschen der Verlag und

Ihr
Bernd Fuchs
Chefredakteur


Verlag C.F. Müller

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